Bewusstseinsreise in die eigenen Tiefen


 

Eine gnostische Heilreise offenbart sich immer in der eigenen Seelensprache. Sie ist etwas sehr persönliches und zeigt sich je nach Persönlichkeit, individuellen Prägungen und momentanem Entwicklungsschritt anders. Hier ein kleiner Einblick in die Seelenbilder meiner letzten Reise...

 

„Du hast noch keine Entscheidung getroffen“, flüsterte eine leise Stimme in meinem Herzen. Ich nickte unmerklich, wissend, dass sie Recht hatte. Zu sehr hatte ich mich vor den Folgen gefürchtet, wollte nicht wieder mein Leben geben müssen für meinen Glauben und meine einstige (wie heutige) Berufung. Alles in mir zitterte wie Espenlaub, durchströmte mich wie sengende Hitze und eisige Kälte zugleich. Wie konnte ein neuer Körper derart heftig auf die Erinnerungen vergangener Existenzen reagieren?

Die Stimme in meinem Inneren schien sich jedoch wie ein Zauber über meine überschiessende nervliche Reaktion zu legen, sie mit ihrer Wärme zu durchdringen und zu besänftigen, bis ich mich wieder gefasst hatte.

 

Ja, ich hatte mich noch nicht entschieden, ob ich dieses grosse, geistige Erbe annehmen wollte oder nicht. Welche Bedingungen waren daran geknüpft, welches Los würde es diesmal für mich bedeuten? Dieser Raum, den ich äusserlich wahrnehmen konnte, von dem ich aber wusste, dass er nur im Innen zu finden war, erwartete meine Antwort. „Wieder kann ich wählen – aber ist meine Wahl auch wirklich frei? Oder wähle ich, wie ich immer gewählt habe, weil es mir so bestimmt war und noch immer ist? Ist es eine Prüfung? Ob ich trotz aller schlimmen Erfahrungen, trotz all des schmerzhaften Verlustes, mich noch immer für die Liebe und das Vertrauen entscheide? Noch immer in dem naiven Denken, vielleicht diesmal für meine Treue belohnt zu werden?“

 

Der Raum glitzerte wie ein Kristall in all seinen vielfarbigen Facetten, dass mir beinahe schwindlig wurde. Ich hörte Klänge, die mich an ein Flötenspiel erinnerten und spürte, wie sie mich mit auf diese Reise von damals nahm. Da war wieder der alte, mit Flechten und Moos bewachsene Steinbrunnen mitten im Wald. Es war ein heller Laubwald mit einladenden Lichtungen, auf denen Elfen und Feen tanzten, ein kleiner Weiher mit glasklarem Wasser, indem Nymphen sangen und spielten und ich sah, dass die Flötenklänge von ihnen kamen.

 

Das letzte mal zeigte sie sich mir als wunderschöner, kraftvoller Hirsch, dem ich als Lichtkugel folgen durfte. 

Sie rannte mit mir durch diesen Wald und trotz der Geschwindigkeit schien sich alles zeitgleich zu ereignen. Ich sah einzelne Blätter, uralte Stämme von knorrigen Bäumen, das Licht, wie es durch die dichten Baumkronen fiel, Eichhörnchen, die durch die Zweige huschten und Rehe, die durch das Unterholz sprangen. Der Wind strich uns liebkosend durch’s Gesicht und ich wunderte mich, wie das alles möglich war. In der irdischen Realität und gleichzeitig hier zu sein, in diesem Wald, in dem ich deutlich die Verbundenheit zwischen allem spürte, in dem ich gleichzeitig der wärmende, hoffnungspendende Frühling, der Sommer mit seiner Triebkraft und bunten Vielfalt, der Herbst mit seinem allmählichen Loslassen und der Winter mit seiner ruhenden Kraft sein konnte. Es fühlte sich so an, als ob ich zugleich das Göttliche und das kleine Menschenkind war, das in Paralleldimensionen seine Erfahrungen machen durfte. 

 

Doch diesmal führte sie mich ins Wasser, in die Tiefe, dorthin, wo die wahren Schätze verborgen liegen. Ihre Gestalt wurde zu einer anmutigen Meerjungfrau, ihre Flosse glänzte silberblau und ihr schmaler Oberkörper wand sich geschickt durch die tiefen Gewässer, vorbei an Wasserpflanzen, Seerosen, geheimnisvoll wirkenden Unterwasserhöhlen und Wäldern, die in der Bewegung der Unterwasserströmungen mitwogten. Es war faszinierend anzusehen. 

 

Ich folgte ihr ganz automatisch ohne zu überlegen – so, wie ich es immer getan hatte. Plötzlich erkannte ich, dass auch ich mich gewandelt hatte. Mein langes Haar umschlang meinen Körper, meine Flosse schimmerte goldgrün und ich glitt genau so mühelos durch’s Wasser wie sie. Wie bei jeder dieser Reisen fragte ich mich, ob dies wohl meine wahre Heimat sei und genau so rasch, wie ich die Frage gestellt hatte, bildete sich sogleich ihre Antwort.

 

„Liebes Kind...Ich erkläre es Dir gerne wieder und wieder. Du weißt, welches Deine wahre Heimat ist. Es ist weder diese hier, noch der Wald, noch das Feuer oder die Luft, in die wir noch reisen werden. Und dennoch aber auch alles zugleich, denn Du kommst von dort, wo auch ich herkomme, wo alles entspringt, die eine, mächtige Quelle, das Urbewusstsein über Himmel und Erde und alle anderen Welten und Dimensionen. Dort, wo das gesamte Potential erst als Potential angelegt ist, welches hier geboren wird, sich hier durch unsere Fantasie entfaltet. All die Farben und Formen, die Du siehst, fühlst, auf allen Ebenen Deines Seins wahrnimmst, an die Du Dich nicht erinnerst und von denen Du dennoch weißt, dass sie Dir nicht fremd sind. Die Aussage „alles ist EINS“ bekommt dadurch ihre wahre Bedeutung. Sie ist so viel mehr als die vermeintliche, alles verherrlichende Floskel, die uns glauben machen will, dass der Schatten neben dem Licht nicht existieren darf. In Wahrheit sind es zwei Seiten derselben Medaille und das Eine kann nicht existieren ohne das Andere. Beide Seiten in ein Gleichgewicht zu bringen, um das zu lernen sind wir hier. Es geht und ging nie darum, dass das Dunkle ausgemerzt werden muss, auch nicht das, was Ihr so abfällig „Ego“ nennt. 

 

Das Ego dient Eurem körperlichen Überleben und übernimmt eine Schutzfunktion, ohne die Eure irdische Existenz vermutlich keinen Bruchteil von Sekunden dauern würde. Das Ego gehört genau so zu Euch, wie Essen und Trinken, um diesen Körper zu erhalten, indem Ihr einzigartige Erfahrungen machen könnt. Da ist das Irdische, das Euch ausmacht, genau so wie das Lichte, Geistvolle, das Euch ebenso ausmacht und es ist kein Widerspruch darin, beides zu sein: Dieser Körper und die geistige Essenz mit ihrem freien Willen.

Natürlich ist es nicht immer leicht, beides zu sein. Und dennoch entbehrt es nicht einer gewissen Magie. Deshalb macht Euch dieses Spiel auch so viel Spass – wenn Ihr es richtig spielt. Kein anderes Spiel ist so umfangreich und mehrdimensional und ermöglicht so viele Erfahrungen und Erlebnisse, gerade deshalb, weil Ihr denkt, dass Ihr getrennt vom Göttlichen existiert. 

 

Ab einer gewissen Entwicklungsstufe kann Euch der Schleier jedoch nicht mehr verwirren. Ihr nehmt das Dahinter wahr und bekommt Antworten auf Eure unzähligen Fragen, was Euch gestattet, Euch in gänzlich erweitertem Bewusstsein neu zu erschaffen. Das ist die Krönung, die Meisterprüfung: Sich trotz des materiellen Körpers über die Grenzen der Physik hinwegzuerheben und mit und in diesem Körper Dinge zu erleben, die Ihr nie für möglich gehalten hättet.

 

Der Wind ist das beste Beispiel, jemandem dieses Phänomen zu erklären. Seine Auswirkungen sind unverkennbar und seine Kraft unendlich, obwohl man ihn nicht sieht. Genau so ist es mit dem Schöpferischen, dem Göttlichen. Nur, weil es die physischen Augen nicht sehen können, heisst es nicht, dass es nicht existiert. 

Seine Auswirkungen seht Ihr täglich in allem um Euch herum: Den Pflanzen, den Tieren, dem skurrilen Leben im Meer und nicht zuletzt auch in den Augen Eurer Mitmenschen.

Diejenigen, deren Augen beseelt sind, die einen wärmenden Funken liebendes Feuer aussenden, wann immer sie etwas oder jemanden betrachten, sind die, die aus der Illusion erwacht sind. Manchmal wissen Sie es nicht, aber das spielt keine Rolle. Sie leben eine Verbundenheit, die weder durch kirchliche Prägung noch durch elterliche Erziehung, sondern nur durch persönliche, innere Wachstums- und Reifungsprozesse entstehen kann.“

 

Sie hielt kurz inne, tauchte ab, um kurz darauf ein ganzes Stück weiter vorne wieder aufzutauchen. „Hier ist es. Komm“, rief sie mir zu. Als ob ihr Ruf mich geleiten, ja fast schon ziehen oder einsaugen würde, glitt ich in die Tiefe und wurde neben ihr wieder hochgezogen. War das wirklich mein freier Wille?

 

Und wieder begann sie in mir zu antworten:“Du alte Zweiflerin! Siehst das alles, fühlst es und glaubst es trotzdem nicht! Was muss ich denn noch tun, um Dich zu überzeugen? Sitzt Dir der Tod so sehr im Nacken? Der Tod ist zwar das Ende der Endlichkeit, aber der Beginn oder die Rückkehr in die Unendlichkeit, das weißt Du doch...!? Jaaaaa, diese körperliche Erfahrung des Sterbens kann schmerzhaft sein, aber nur, wenn Du Dich dagegen wehrst! Nur, weil es auf diesem Planeten die Endlichkeit gibt, bist Du dennoch nicht an sie gebunden. So oft hast Du es schon erlebt und gerade jetzt wieder. Du bist doch hier, bist in diesem Körper! Genau so wirst Du Dich aber eines Tages auch wieder daraus befreien und Dich Deiner Flügel erinnern. 

 

In den Parallelwelten kannst Du jede nur erdenkliche Form und Gestalt annehmen – was meinst Du, weshalb es Menschen gibt, oftmals Kinder, die diese Wesen sehen können? Es ist nicht, weil sie so eine blühende Fantasie haben. Und doch kann Fantasie helfen, zu erschaffen oder sich zu erinnern, sie ist ein kostbares Gut. Die unendliche Geschichte handelt genau davon und verbreitet eine Botschaft, die noch viel zu wenig gehört wird. Aus der Erinnerung können wir Dinge entstehen lassen, die wir bereits kennen, doch mit der Fantasie erfinden wir neue und immer weitere und füllen die Welten mit unzähligen (Lebens)Formen, Klängen und Farben. In so manch einem Geschöpf offenbart sich göttlicher Humor, wenn man an die Formen gewisser Tiere denkt. Humor ist die Krönung der Göttlichkeit und über allem Brüten, Hadern und Hinterfragen solltet Ihr den niemals vergessen. Er ist das Salz in der Lebenssuppe. 

 

Es spielt keine Rolle, ob Dinge zu existieren beginnen, weil Ihr daran glaubt und sie Euch so vorstellt oder ob Ihr deshalb daran glaubt, weil Ihr sie so „gesehen“, wahrgenommen habt – letztlich ist alles dasselbe. 

Eure Gedanken und Eure Worte haben Macht und sind endlos schöpferisch. Die Frage nach dem Huhn und dem Ei ist hinfällig. Für jeden erfüllt sich sein Schicksal so, wie es für ihn stimmig ist, wie es für ihn passt. Möchte er eine nüchterne, berechenbare Welt, wird er sie bekommen – er wird sie sich erschaffen. Diejenigen, die sich eine Welt voller Zauber und Magie vorstellen ebenso. Alles ist möglich.“ 

 

Die Farben unter Wasser beginnen zu schillern und sich zu brechen, scheinen fast so etwas wie einen Regenbogen zu bilden, nur eben unter Wasser. Die sanfte Wellenbewegung gibt indessen neue Farbnuancen frei und ich sehe, wie sich der Bogen immer höher aufzuwölben beginnt, bis er ein Portal darstellt. Wir schwimmen hindurch und fast augenblicklich befinden wir uns im Feuer des Todes. Umgeben von Flammen kann ich nur seine schwarze Kapuze und seine Sense erkennen (sehe ich ihn so, weil ich ihn mir so vorstelle oder ist er wirklich so?). 

 

„Mein Kind, beides ist der Fall. Ich zeige mich in der Gestalt, die Du am besten annehmen, in der Du mich am besten verstehen kannst und die ist für jeden anders. Für Dich war ich immer die schwarz verhüllte Gestalt mit der Sense. Also der klassische Sensenmann. Die Vorstellung ist nicht verkehrt – auch wenn ich schönere Gewänder habe, kann ich mich gut damit identifizieren und die Sense ist ein wundervolles Werkzeug, die irdischen Bänder zu durchtrennen. Feuer begleitete mich seit jeher, wenn ich Dich abholte. Du brauchst es für die Transformation und dieser Wunsch wurde Dir immer gewährt.“

 

Sein Mantel wehte leicht zur Seite und wiederum sah ich Farben. Lila und hellgrüne Wolken, die sich dauernd veränderten, mich umgaben und umfingen, wie auf einer Hüpfburg aus bunter Watte. Ohne es zu bemerken war ich durch den Mantel des Todes hindurchgeschlüpft, auch er war letztlich ein Portal gewesen. Das Feuer hatte die letzten Verbindungen zu meinem irdischen Kleid gewandelt, es war unumkehrbar. Ich war wieder einmal durchs Feuer gegangen und es war gar nicht so schmerzhaft, wie ich es in Erinnerung hatte.

 

Wieso sah ich überall Farben – stellte ich mir so den Himmel vor...?

„Ja“, antwortete der Tod, „...so stellt sich Dein Unterbewusstsein den Himmel vor. Farbige Wolken, Zuckerwatte, wie auch immer Du diese Formen nennen möchtest. Bist Du bereit, den wahren Himmel zu sehen?“ Meines Erstaunens zum Trotz war ich es. 

Die Wolken begannen sich aufzulösen wie Morgendunst im Regenwald und was ich sah, verschlug mir den Atem: Ich sah nichts. GAR nichts. Ich war nichts, der Tod war NICHTS, überall endloses NICHTS. Ich wurde durchströmt von einer gewaltigen, unermesslichen Liebe, während der Tod schallend lachte. „Was hattest Du denn gedacht...? Rosarote Wolkenschlösser, Einhörner und silberne Wasserfälle?“ Er lachte mich doch tatsächlich aus. Er hatte Recht: Ich war so darauf fixiert, was ich SEHEN würde, dass das, was ich fühlen DURFTE gänzlich im Nichts verschwand. Nun musste auch ich lachen. Da hingen wir also in der Luft, der Tod und ich, und lachten um die Wette.

 

Ich stellte fest, dass die farbigen Hüllen, die meinen Erdenkörper umgeben hatten, weg waren. In gleichem Masse, wie diese verschwunden waren, kehrte mein Ursprungsgedächtnis zurück und ich erinnerte mich der grenzenlosen Macht, die ich und alle Wesen auf dieser Seite der Theaterbühne innehatten. 

Wieder spürte ich diese endlose, geborgene Liebe, das Licht, das Aufgehobensein in einem grossen Ganzen und ich war einfach nur dankbar. 

 

„Alles ist verkehrt herum“, dachte ich. „Wir „sterben“, wenn wir geboren werden. Sterben in dieses kleine Körperchen hinein. Und erwachen aus der Illusion, zu neuem Leben in Ganzheit, wenn wir sterben.“. Der Tod nickte mir zu. Wir hatten dasselbe gedacht, wir waren dasselbe. Lediglich Formen und Gebilde für den Verstand, doch unsere Essenz war EINS. Eins mit allem, körperlos, formlos. Und plötzlich fühlte ich es, nur in einer ganz neuen Dimension und Intensität: Ich war in allem und alles war in mir. Ich spürte jeden Gedanken, jedes Gefühl jedes Lebewesens und sogar das Flüstern der Wälder, der Steine, der Gnome und Kobolde, das perlende Lachen der Feen und das Grollen der Berge – es war überwältigend.

 

Ich sah sie nicht mehr, die Hirsch-Göttin und Meerjungfrau, die mich bis hierhin begleitet hatte. Doch ich fühlte, wie sie in mir war und mich wiederum daran erinnerte, dass ich mich noch nicht entschieden hatte. Wollte ich den Kreislauf diesmal vollenden? Wollte ich eine Treppe höher steigen in diesem Spiel der Unendlichkeit? Unabhängig davon, was dies für meinen irdischen Körper – irgendwann - bedeuten konnte? Mit allen Konsequenzen?

 

Mit einem Ruck landete ich wieder in meinem Körper und schreckte verstört auf. Hatte ich das alles nur geträumt...?

Da hörte ich es wieder:“Willst Du...?“ Ich zögerte keine Sekunde. Ja, ich wollte. Aus freien Stücken.

„Ja, ich will!“, rief ich laut und voller Freude. „...bis dass der Tod uns wiedervereint!“

 

Und die Göttin in mir lächelte.