Viele haben wohl schon von Valy und ihrer ganz besonderen Berufung gelesen, denn die kleine Hündin mit dem grossen Herzen hat in den letzten Wochen ziemlich Schlagzeilen gemacht. Sie tierkommunikatorisch begleiten zu dürfen ist für mich aber nicht nur deshalb ein ausgesprochenes Privileg. Valy kommt von "Valaya" und bedeutet "göttlich" - und wahrlich göttlich ist ihre Mission:
Sie begleitet Menschen auf ihrem letzten Weg.
Mit ihrem sanften, unaufdringlichen und bescheidenen Wesen hat sie die Herzen der Patienten und Mitarbeiter im Hospiz Aargau denn auch im Sturm erobert. Kein Betteln, kein Bellen, kein
unangebrachtes, instinktives Verhalten... Sie scheint ganz genau zu wissen, was ihre verantwortungsvolle Aufgabe erfordert und sie meistert diese hingebungsvoll, ehrlich und mit der nötigen Ruhe.
Sie weiss, wo sie erwünscht und gebraucht wird und geht nach dem Vorstellen durch ihr Frauchen - bei gegenseitiger Sympathie jeweils selbständig in die "richtigen" Patientenzimmer. Aufmerksam schaut sie den Patienten mit ihren sanften Augen an und wartet anständig und zurückhaltend auf eine Einladung, bevor sie auf's Bett springt, sich einkuschelt und dem Betroffenen ganz einfach das schenkt, was vielen Menschen so schwer fällt: Liebevolle, urteilsfreie Nähe.
Wenn es genug ist - und das entscheidet Valy selbständig, denn sie wird zu nichts gezwungen - springt sie vom Bett herunter und gesellt sich wieder zu ihrem Frauchen, meiner Schwester, die als Assistentin GL im Hospiz arbeitet.
Wer einmal das glückselige Lächeln von Sterbenden gesehen hat, die Zeit
mit Valy verbringen konnten, die wissen, was für eine wichtige Rolle Tiere in der Begleitung und Therapie von Menschen in Zukunft noch spielen werden...
Wie wertvoll Valys Besuch für die Patienten ist, steht längst ausser Frage. Doch wie geht es Valy bei ihrer verantwortungsvollen Aufgabe?
Wie empfindet sie das Sterben der von ihr begleiteten Menschen? An was merkt sie, dass diese nun Raum für sich selber benötigen? Wie fühlt sich für sie der Übertritt von hier auf die "andere Seite" an? Wie reagiert sie, wenn sie spürt, dass ihre Zeit mit einem Menschen zu Ende geht...?
Nach einem Einsatz ist Valy müde. Auch wenn sie beim Patienten zu schlafen scheint, ist sie mit ihren Sinnen doch immer präsent und achtet sich auf jede Bewegung, die ihr signalisieren könnte, dass der Patient nun wieder alleine sein möchte. Manchmal sind es auch besonders schwere Schicksale, die Valy während dieser Zeit mitträgt. Erholung und Ausgleich sind also sehr wichtig, damit sie selber gesund bleiben kann.
Valy spürt, wenn der körperliche Tod eines Menschen naht. Sie merkt, wie sich seine Energie verändert, sein Atem, seine Körpertemperatur, sein Geruch und nicht zuletzt sein Bewusstsein, das häufig schon vor dem körperlichen Tod den Körper immer wieder über kürzere oder längere Zeitspannen verlässt. Dann geht sie nicht mehr auf's Bett, ja manchmal noch nicht einmal mehr ins Zimmer. Sie weiss, dass der Mensch jetzt den Raum für sich braucht, um ungestört loslassen zu können.
Früher ging ihr Frauchen sich nach dem Tod noch mit ihr vom Verstorbenen verabschieden. Dann schnupperte sie in die Luft, als ob sie sagen wollte: "Hier ist er doch"... Für Valy ist es anders, wenn ein Mensch geht, als für uns. Es hat nicht dieses Endgültige, es ist nicht das auf immer durchschnittene Band, sondern lediglich der Übergang vom Körperlichen zum Nichtkörperlichen - wie ein Kleid, das abgestreift wird. Die Energie, die "Essenz" bleibt lebendig und sie kann sie noch immer wahrnehmen.
So trauert sie nicht, denn nichts ist verloren, es ist nur anders...Und Valy zieht weiter - zum nächsten Menschen, dem sie ihre Liebe schenken kann. Unbedarft und erwartungslos ist sie einfach da und geht auf den neuen Menschen ein, ohne sich zu "opfern", in aufrichtiger Hingabe an jeden, dem sie mit ihrer Gegenwart etwas Gutes tun kann...
Und wieder einmal zeigt die Geschichte eines Tieres, wieviel wir von ihnen lernen können. Ein Tier lebt nicht in der Vergangenheit und auch nicht in der Zukunft. Es lebt in der Gegenwart und tut sein Bestes - jeden Augenblick.